Hintergrund
Eine Bewegungsentwicklung ähnelt einer Produktentwicklung. In einer Vielzahl an Schritten werden systematisch die Elemente einer Bewegung ausgesucht und zu einer Gesamtbewegung zusammengefügt. Am Ende soll eine Bewegung stehen, welche die gestellten Anforderungen erfüllt. Der hier betrachtete Ansatz konzentriert sich auf eine Bewegungsentwicklung im Training, nicht im Kampf.
Motivation
Die Motivation einer Bewegungskonstruktion liegt in der Idee Bewegungen aus Elementen der Kampfkünste frei zusammenzustellen. Statt sich also bereits bestehender Bewegungen zu bedienen, steht die Frage im Vordergrund wie Anforderungen an eine Bewegung optimal gelöst werden. Dieser Ansatz schafft Unabhängigkeit von vorgegeben Denkschemata und ermöglicht eine freiere Auseinandersetzung mit verfügbaren Bewegungselementen1Diese Herangehensweise kann bedeuten, dass am Ende eine bereits bestehende Bewegung in ihrem Aufbau bestätigt wird..
Ziele
Das übergeordnete Ziel einer Bewegungskonstruktion liegen darin für möglichst viele gestellten Anforderungen (Ziele, Randbedingungen, …) eine Lösung in Form einer Bewegung zu finden. Jede Anforderung verringert die Anzahl der einsetzbaren Mittel und verändert damit das Aussehen der sich ergebenden Gesamtbewegung.
Abgrenzung zu anderen Arten der Bewegungsentwicklung
Bewegungen und die Zusammenstellung der Mittel können auf vielfältige Art und Weise erfolgen. Bewegungsentwicklungen liegen dabei auf einer Seite einer Bandbreite der Herangehensweise. Auf der anderen Seite steht im Extrem eine völlige Missachtung von Randbedingungen. In diesem Fall werden Bewegungen und deren Mittel ohne Beachtung der Randbedingungen vorgegeben. Beide Herangehensweisen haben ihre jeweiligen Vorteile und Nachteile. Der Vergleich von Zwischenstufen erfolgt in separaten Artikeln (Zielkonflikte, didaktische Gründe, Überoptimierung, institutionelle Vorgaben, …).
Allgemeiner Ablauf
Der Ablauf einer Bewegungsentwicklung kann in Phasen unterteilt werden. Die einzelnen Phasen können dabei als Ablaufdiagramm aneinandergereiht werden. Durch den Ablauf werden schrittweise die Bewegungselemente ausgesucht und zu einer Gesamtbewegung zusammengefügt. Allerdings läuft eine Bewegungsentwicklung nicht immer Schritt für Schritt durch diese Phasen, sondern es kommt zu Rücksprüngen und Wiederholungen. Die Gründe sind unterschiedlich:
- Gesetzte Ziele können sich wiedersprechen oder sind zu umfassend gestellt, sodass keine Lösung möglich ist (Zielkonflikt).
- Bei der Zusammenstellung der Elemente stellt ein Mittel zu hohe Anforderungen und verhindert damit den möglichen Einsatz anderer Mittel (Beispiel: Zugreifen ist komplexer als nur ein Blockieren einer Bewegung mit dem Unterarm).
- …
Weiterhin gibt es einzelne Methoden, welche nicht der Zusammenstellung von Elementen dienen, sondern die Komplexität zu verstehen. Ihr Einsatz lohnt immer dann, wenn es scheinbar keine Lösung gibt oder zu viele Kompromisse gebraucht werden. Sie sorgen für neue Erkenntnisse und zu Rücksprüngen im Ablauf.
Parallel zum Ablauf und zu den Methoden wird eine Dokumentation der betrachteten Punkte erstellt. Sie beinhaltet die gewählten Mittel, erreichte Ziele, eingesetzte Methoden, usw. (siehe Moderation einer Bewegungsentwicklung).
Detaillierter Ablauf
Der detaillierte Ablauf besteht aus insgesamt drei parallel verlaufenden Strängen. Der Bewegungsentwurf mit der Wahl der Mittel stellt dabei den Hauptstrang dar. Die zwei weiteren Stränge sind die Dokumentation der Ergebnisse und die Methoden zur Beherrschung der Komplexität.
Hauptstrang Bewegungsentwurf
Zusammenstellung der Anforderungen
Im ersten Schritt werden alle bekannten Anforderungen zusammengestellt. Mögliche Punkt sind: Ziele, Kontext, zu erwartende Überlastungserscheinungen, moralische Fragen, …
Priorisierung
Danach muss eine erste Priorisierung erfolgen. Was ist wirklich wichtig? Worauf kann verzichtet werden? Wo zeichnen sich Widersprüche ab? Kann an dieser Stelle vielleicht schon eingegriffen werden?
Wahl der Mittel nach Anforderungen
Im nächsten Schritt werden für einen ersten Durchgang die Mittel zur Erfüllung der Anforderungen gewählt. Im ersten Durchgang ist kaum eine endgültig passende Wahl der Mittel möglich. Erst durch das wiederholte Durchlaufen des Bewegungsentwurfs kann schrittweise eine Bewegung entstehen, welche die Anforderungen möglichst gut erfüllt.
Belastungstests der Bewegung
Die gewählte Bewegung wird Belastungstests unterworfen. Mit Hilfe der Tests wird systematisch versucht Überlastungserscheinungen zu erzeugen bis die Einsatzfälle und Arbeitspunkte erreicht werden.
Bewertung der Bewegung
Nach den Belastungstests werden deren Ergebnisse ausgewertet. Es wird abgeglichen, welche Anforderungen erreicht werden konnten. Im Anschluss wird entschieden, ob die Bewegung in der vorliegenden Form ausreicht. Andernfalls beginnt der Bewegungsentwurf von vorn.
Wenn die Bewegung die Anforderungen ausreichend gut erfüllt, kann die Dokumentation abgeschlossen werden. Erkannte und weiterbestehende Probleme und Szenarien werden beschrieben für spätere Durchgänge.
Fußnoten
1. | ↑ | Diese Herangehensweise kann bedeuten, dass am Ende eine bereits bestehende Bewegung in ihrem Aufbau bestätigt wird. |